Dienstag, 10. November 2015

Im Inneren des Wals

Die Traglufthalle Oberhaching liegt am Rand eines Industrie- und Gewerbegebiets. Hier sind inzwischen etwa 300 Flüchtlinge untergebracht, darunter jetzt auch Frauen, Kinder und Familien.
Vieles ist anders als in der Turnhalle, dem Pullacher Notaufnahme-Lager. Der S-Bahnhof ist weiter entfernt, bis zu den Ortszentren Oberhaching und Deisenhofen sind es zu Fuß 20 bzw. 30 Minuten. Das Essen, so heißt es allgemein, sei besser; die Cafeteria-ähnliche Situation wird gern genutzt. Auch die Sanitäreinrichtungen seien in besserem Zustand als zuletzt in der Turnhalle. Die 'Caritas' ist an allen Werktagen beständig vor Ort und ansprechbar. Außerdem kümmert sich der Helferkreis in Oberhaching um die hier Untergebrachten. Es gibt einen Lounge-Bereich und eine Spielecke für Kinder, außerdem Fernsehen auf zwei großen Bildschirmen mit entsprechenden Sitzmöglichkeiten davor.
Die Mitarbeiter der Security sind sehr viel strenger, was sicher auch der größeren Anzahl der Bewohner und der heterogenen Zusammensetzung geschuldet ist, aber auch schon zu Konflikten geführt hat. Es gab Spind-Durchsuchungen, es gibt gründliche Taschenkontrollen am Eingang. Jeder Besucher muss sich ausweisen und seine Papiere hinterlegen. Auch der Vorplatz ist nur durch eine Lücke im Bauzaun zu erreichen.
Die  Halle wird durch Luftdruck stabil gehalten; das Betreten geschieht durch eine Luftschleuse, eine Doppeltür, die verhindert, dass zu viel Innenluft entweicht. Die Hälfte der Hallen ist mit Kojen ausgestattet, wie auf einer Messe, allerdings mit einer Tür zum Durchgang hin. In jeder Koje stehen Stockbetten, meist 3 Stück, dazu ein kleiner Tisch, ein paar Stühle und verschließbare Spinde. Eine 'Zimmerdecke' gibt es nicht, die Türöfffnugen sind auch nur mit Vorhängen verschlosssen. Entsprechend viel hört man aus den Nachbarräumen - und entsprechend häufig wird auch über Lärm geklagt, über wenig Nachtruhe. Wer morgens aufstehen muss und zur Schule, zur Arbeit oder zu einem Deutschkurs geht, ist hier besonders beeinträchtigt.
 
Der Aufenthaltsbereich der Halle erinnert an die Transitzone eines Flughafens: ein 'Wartesaal der Zeit', nur dass der Zeitpunkt und das Ziel der Weiterreise für viele mehr als ungewiss ist. Monate werden sie hier verbringen, wenn nicht Jahre, wartend, wie über sie entschieden wird. Es ist ein trockener und beheizter Zufluchtsort, immerhin, was nach allen Elendsbildern erst einmal nicht zu unterschätzen ist. Freude weckt solch ein Ort  nicht, wie zu erwarten - viel Verzweiflung schaut einem da entgegen, Perspektivlosigkeit. Da können einen schon Zweifel beschleichen, ob die Versorgung, die Integration all dieser Menschen gelingen kann.

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